Etwa auf dem halben Weg zwischen Prag und Usti nad Labem befindet sich ein recht unscheinbarer Landstrich. Die sprichwörtlichen Böhmischen Dörfer. Hier gibt es bis heute ein recht dichtes Netz von nicht elektrifizierten Eisenbahnstrecken. Bereits kurz nach der Jahrtausendwende hatte es mir der Nebenbahnknoten um Straškov angetan. Damals konnte man mit den Triebwagen der Baureihe 809 von der etwa 1000 Einwohner zählenden Gemeinde Straškov-Vodochody aus noch in vier Richtungen fahren. Beginnen wir also mit ein paar Aufnahmen aus den Jahren 2004 und 2005.
Folgt man von Prag aus dem Lauf von Moldau und Elbe, erreicht man die schöne Stadt Roudnice. Mit knapp 13000 Einwohnern ist sie die größe Stadt im Umkreis und das touristische Potenzial beschränkt sich nicht ausschließlich auf das Schloss und die alte Architektur in der Innenstadt. In der näheren Umgebung erhebt sich der 455m hohe Berg Řip markant über der sonst recht flachen Gegend. An dessen Fuße schlängeln sich zwei Nebenbahnen durch die Landschaft, die selbst für tschechische Verhältnisse einen sehr urtypischen Charme behalten haben.
Dabei handelt es sich um die Strecken Roudnice nad Labem – Libochovice und Vraňany – Zlonice, die sich in Straškov treffen. Im Kursbuch der Tschechischen Bahn findet man die Strecken unter den Tabellennummern 095 und 096.
Zwar kann man auch im Jahr 2025 von diesem Nebenbahnknoten aus noch täglich in drei der vier Richtungen fahren, doch in Richtung Westen ist für die Triebwagen bereits nach zwei Kilometern Schluss. Dahinter ist zwischen Bříza obec und Libochovice nur noch Ausflugsverkehr (2 Zugpaare am Wochenende und an Feiertagen während der Sommerzeit). Nach Süden, auf der Strecke nach Zlonice, wurde der planmäßige Verkehr am 31.10.2021 eingestellt. Nach Vraňany offenbart das Kursbuch werktags noch sechs Zugpaare, doch auch hier lässt der Besetzungsgrad zu wünschen übrig. Einzig die Triebwagen auf dem Ast nach Roudnice erfreuen sich einem nennenswerten Zuspruch. Hier sind werktags 14 Züge pro Richtung im Fahrplan zu finden.
Die Geschichte beider Strecken möchte ich hier nur kurz anreißen. Die ältere der beiden Strecken ist die Verbindung von Roudnice nach Zlonice. Eröffnet wurde die eingleisige Nebenbahn im Jahr 1900. Sieben Jahre später folgte die Strecke Vraňany – Libochovice. Bei letzterer Strecke ist vor allem die Entwicklung in den letzten 40 Jahren interessant. Das auf und ab begann am 1.6.1985. Mit Inkrafttreten des Fahrplanes 1985/86 wurde der Zugverkehr zwischen Libochovice und Straškov aufgrund des schlechten Streckenzustandes eingestellt. Ab 1986 wurde die Strecke rekonstruiert, allerdings in geringerem Umfang als erst vorgesehen. Der Personenverkehr wurde auch wieder aufgenommen, aber in reduzierter Form.
Zum Beginn des Jahresfahrplans 2007 wurde auf demselben Abschnitt erneut der planmäßige Personenverkehr eingestellt, da der Ústecký kraj den Zugverkehr auf dieser Strecke abbestellte. Der letzte Zug fuhr am 09.12.2006. Doch auch diesmal war der Abschied nicht endgültig, zumindest nicht für die zwei Kilometer von Straškov nach Račiněves, jetzt Bříza obec, wo mittlerweile wieder regulärer Personennahverkehr angeboten wird. Dahinter gibt es zumindest an den Sommerwochenenden ein Minimalangebot mit historischen Triebwagen.
Wie sieht es um die Zukunft der Strecken um Straškov aus? Erwähnenswertes Beförderungsaufkommen existiert auf der Strecke 095 nur auf den ersten drei Kilometern von Vraňany nach Horní Beřkovice. Werktags fahren hier immerhin 16 Zugpaare, sechs davon weiter bis Straškov, am Wochenende sind es nur drei Zugpaare auf der Gesamtstrecke Vraňany – Straškov – Bříza obec.
Trotz der günstigen Lage der Haltepunkte bleiben die Triebwagen der Baureihe 814 – die übrigens seit Dezember 2024 um Straškov ausschließlich zum Einsatz kommen – meist recht leer. Da eine signifikante Steigerung der Fahrgastzahlen auch unter einer Verbesserung des Angebotes nur schwer zu realisieren sein dürfte, wäre es wenig verwunderlich, würde hier früher oder später der Hammer fallen. Diese Einschätzung deckt sich mit den Bestrebungen des Ustecky kraj von vor ein paar Jahren, der hier mittelfristig die Leistungen abbestellen wollte. Doch noch rollen die Züge nach einem weitestgehend unverändertem Fahrplan. Einzig für die Verbindung nach Roudnice sieht es besser aus. Hier werden die Triebwagen der Baureihe 814 noch eine Weile rollen, der Ustecky kraj hat zwischenzeitlich sogar den parallelen Busverkehr ausgedünnt um die Nachfrage auf der Schiene zu erhöhen.
In den letzten Jahren entstanden zahlreiche Bilder an den Strecken um Straškov. Eine Auswahl gibt es hier zu sehen.